Diese Menschen, die unser Inneres berühren…

Wir treffen jeden Menschen immer genau in dem Moment, in dem wir ihn treffen sollen. Diese Begegnungen eröffnen uns immer wieder neue Möglichkeiten. Wie Türen und Tore auf den Wegen durch das Leben, zeigen sie uns manchmal Abkürzungen oder auch Umwege. In jedem Fall sind sie nie umsonst da, nie einfach nur zufällig, sondern immer, weil es genauso sein sollte.

Ich saß heute früh bei Kerzenschein und habe wie nahezu jedem Morgen meine Gedanken aufgeschrieben. Dabei habe ich auch an einige der Menschen gedacht, die mir in meinem Leben begegnet sind. So manches Mal habe ich durch den einen oder anderen eine Erfahrung gemacht, die man sich sicherlich auf den ersten Blick lieber erspart hätte, aber da wir in unserer Existenz selten ohne diese Erfahrungen wirklich lernen und verstehen, was wir möglicherweise lieber anders manifestieren würden, habe ich nicht einen einzigen dieser Moment in meinem Leben bereut.

Heute Morgen schwirrten mir aber die Begegnungen durch den Kopf, die mir etwas Schönes eröffneten. Manche Menschen treten sozusagen plötzlich in unser Leben, ganz unerwartet. Eigentlich tun sie das alle, aber es fühlt sich hin und wieder eben „besonders“ plötzlich an, weil sie möglicherweise schon lange Zeit in unserer unmittelbaren Nähe gelebt haben und wir ihnen zuvor nie begegneten. Obwohl wir mehrfach an ihnen vorbeigegangen oder –gefahren sein könnten. Auf dem Weg zum Einkaufen vielleicht. Möglicherweise fuhren sie sogar jeden Tag mit uns im gleichen Bus zur Arbeit. Doch wir sehen sie erst, wenn der richtige Moment gekommen ist. Man hat eventuell die gleichen Interessen und fragt sich, warum es überhaupt so lange gedauert hat, dass diese Begegnung endlich stattfinden durfte, wo es doch die Entfernung selbst nicht gewesen sein kann, die einen bisher trennte. Aber wenn der Moment kommt und sich mir dann offenbart, welche wundervollen Seelen sich mir da gerade zeigen, durchflutet mich eine unglaubliche Wertschätzung und ich bin dankbar über diese Erkenntnis. es ist nicht wichtig, dass es gedauert hat. Es ist ein Geschenk, zu wissen, dass sich immer wieder Menschen auf unseren Wegen befinden, die uns helfend die Hand reichen, einfach nur indem sie durch unsere Augen direkt in unsere Seele blicken können und uns sehen, wie wir wirklich sind. Worte sind dann hin und wieder gar nicht notwendig. Denn auch wir schauen ihnen dann direkt in ihre Seele. Wir können sie fühlen, als würde die Aura des anderen auf uns übergehen, uns durchfluten und eins mit uns werden.

Ja, es kommt vor, dass wir diese Menschen treffen. Sie sind wir kleine menschgewordene Engel und oftmals wissen sie das gar nicht. Würden wir es ihnen sagen, werden sie sich beinahe alle versuchen, herauszureden. Sie tischen uns ihre Unzulänglichkeiten auf, damit wir sie nicht erkennen. Dpch sie tragen auch Dinge in sich, die sie das Außen nicht gerne wissen lassen. Doch wenn sie in einem gewissen Moment Sicherheit verspüren, vertrauen sie uns vielleicht eines ihrer eigenen, kleinen und „dunklen“ Geheimnisse an. Dennoch werden sie für uns nicht weniger schön, nicht weniger vertraut und auch nicht weniger perfekt und vollkommen. Im Gegenteil, ich erkenne darin noch viel besser, was sie sind und könnte mich darüber nicht glücklicher schätzen.

Die Angst sich zu offenbaren steckt tief in jedem von uns, denn wir müssen Erwartungen genügen und uns vermeintlich in ein Schema pressen, in welches wir nicht immer hinein passen. Wir versuchen aber, es anderen Recht zu machen. Vielleicht die eigenen Eltern, da sie erwartungsvoll in unserer Ausbildung investiert haben und wir meinen, dass sie nun die Früchte dessen ernten möchten. Vielleicht einer unserer Vorgesetzten, der sich für uns stark gemacht hat und nun den Gegenwert in unübertroffener Leistungserbringung erwarten.
Manchmal erkennen wir sogar fast, dass wie uns zu sehr unter Druck setzen, um zu genügen. Wir suchen Wege aus dem Dilemma. Manche schämen sich, wenn sie dann Hilfe in Anspruch nehmen, da sie unerwartet mit den stetigen Anforderungen nicht zurechtkommen. Sie fühlen sich dadurch vielleicht noch schlechter, denn sie haben erneut Erwartungen nicht erfüllt. Sie haben vielleicht auch Angst, wir könnten uns von ihnen abwenden, weil wir sie direkt von dieser vermeintlich schwachen Seite sehen. In der Essenz dessen, was wir wirklich sind, können wir uns von diesen Seelen nicht abwenden. Die Geste ihres Vertrauens ist ein großartiges Geschenk an uns.

Ein Geschenk, welches uns auch ermöglicht, unsere eigenen Abgründe zu überwinden. Sie helfen uns, zu sehen. Sie helfen uns, unsere Wahrnehmung zu erweitern, den Fokus ein wenig zu vergrößern. Und in dem Moment des Austauschs ist immer ein Ausgleich da. Er mag subjektiv nicht ausgewogen sein, aber auch das ist nur unserer Wahrnehmung zu schulden. Indem sie ihre kleinen Abgründe offenbaren, helfen sie mir, dass ich meine sehen kann. Indem sie ihre Schönheit zu erkennen geben, kann ich auch die meine sehen. Indem ich ihre empfundene Schwäche sehe, kann ich sehen, warum ich mich manchmal schwach empfinde…

Ich möchte sie nicht missen, diese Wesen, die mir begegnen und wie Seelenverwandte in Erscheinung treten. Die, bei denen es keiner Worte bedarf. Die, die uns so nah sind, dass wir nach dem ersten Tag bereits fühlen, wir hätten Jahrhunderte miteinander verbracht. Und das haben wir wohl auch, wie sonst könnte es sich so anfühlen…

Ich bin dankbar, dass wir gemeinsam diese Reise angetreten haben, auch wenn wir nicht auf allen Abschnitten gemeinsam unterwegs sein können. Ja, ich meine Euch. Die, die jetzt glauben, dass ich sie nicht meinen könnte. Die, die sich herausreden, dass sie so etwas nie für mich oder jemand anderen sein könnten. Aber ihr seid es, in jedem einzelnen Augenblick.
Jeder kann es sein – für jeden – irgendwann.

Einen wundervollen 1. Advent Euch wundervollen Seelen überall dort draußen!

Bezeugen der Liebe

Aus meinen morgendlichen Gedanken, die ich heute mit Euch teilen möchte:

Manchmal fragen wir uns, wohin der Weg unseres Lebens gehen kann. Wohin soll er überhaupt führen? Es drängt uns, dies herauszufinden und wir fragen uns, warum wir es nicht wissen. Warum wir uns so schwer damit tun, den Weg zu sehen. Tage und Nächte verstreichen und manchmal wirkt die Realität alles andere al real – eher unwirklich. Und dennoch ist alles da, was wir brauchen, nichts fehlt. Woher kommen unsere Zweifel? Woher kommt die Angst? Angst vor Versagen, Angst den Weg nicht zu sehen, Angst davor, von ihm abzukommen. Angst vor Verlust, Angst vor Verzicht.

Wir leben in einem System, welches sich selbst erhält und eigentlich keine Fragen offen lässt. Jedes Wesen hat seinen eigenen Platz in diesem System und jedes davon findet seine Bestimmung. Es gibt weder verlorene Seelen, noch vom Wege abgekommene Schafe.
Niemand ist falsch oder anders, als er sein sollte. Wir dürfen straucheln und dann fallen, weil wir jederzeit wieder aufstehen und weitergehen können. Es sind nur kleine Hindernisse, Dinge, die uns aufhalten, aber niemals gänzlich stoppen können, wenn wir es nicht so wollen.
Es gibt nichts, für das wir uns schämen müssten, denn alles ist nur ein Ausdruck von Liebe, die versucht, sich selbst als genau das zu verstehen. Ohne die Dualität unserer Wahrnehmung könnten wir dieses Gefühl niemals erfahren. Und so erhält sich diese konstante Kraft stets und ohne Ausnahme. Sie unterliegt Veränderungen, ist aber immer da. Sie ist Teil des Universums, der Realität und des großen Ganzen, aus dem wir alle entspringen. Nur durch sie kann es weiterhin Leben geben. Aus ihr entfalten sich andere wundervolle Kräfte wie Kreativität, Leidenschaft, Glück und Freude. Nur durch sie können wir das Lachen eines Kindes als etwas spüren, dass unser Herz ganz tief berührt. Nur durch sie können wir Genuss empfinden, wenn wir die lebenspendende Wärme der Sonne auf unserer Haut spüren. Aber auch nur durch sie können wir erfahren, was Schmerz, Grauen und Leiden sind:

Immer dann, wenn sie sich selbst zu erkennen versucht – und wir sind Ihre Zeugen.

Gerüchte und der gute Ruf

Ich glaube, dass in den Gesellschaftsformen, durch die die westlichen Nationen geprägt sind, schon so mancher von uns der einen oder anderen Verleumdung, der üblen Nachrede oder zumindest einem unschönen Gerücht ausgesetzt war, welches in der einen oder anderen Form zu unangenehmen Erlebnissen geführt haben könnte.

Es kann die Putzkraft sein, von der behauptet wird, sie habe ein wertvolles Schmuckstück gestohlen. In der Regel sind sie uns lieb und teuer, unsere Putzfrauen, denn sie geben uns die Freiheit, dass wir nicht selber unsere eigenen vier Wände von Grund auf säubern müssen. Oftmals haben sie einen Schlüssel zu unserer Wohnung und können ohne unser Beisein ein- und ausgehen. Fehlt dann eines Tages ein wertvolles Stück aus unserem Besitz, liegt die Vermutung nahe, dass es in die Tasche unseres Reinigungspersonals gewandert ist. Viel zu schnell machen wir in düsteren Vermutungen aus einem Vertrauten einen Dieb. Zumal wir selten sicher sein können, ob nicht doch beim letzten geselligen Abend, als wir eine Handvoll Freunde eingeladen hatten, einer unserer Gäste lange Finger gemacht hat und damit unwissentlich die Schuld unserer Haushaltshilfe zuschob.
Allzu schnell urteilen wir in solchen Situationen gerne, denn unseren Freunden trauen wir dies nicht zu, unserer Putzfrau schon eher. Außerdem wägen wir ab, welcher Diebstahl wohl risikobehafteter sein könnte, dabei erwischt zu werden. Und mal ehrlich, würdest Du Dich trauen, bei einem Deiner Freunde aus der Wohnung etwas zu entwenden, wenn der ganze Bekanntenkreis anwesend ist und jederzeit jemand Zeuge Deiner Aktion werden könnte? Natürlich nicht, es MUSS also die Putzfrau gewesen sein…
Nicht dass ich hier behaupten will, alle meine Leserinnen und Leser, mich eingeschlossen, hätten das kriminelle Potenzial, dies überhaupt in Erwägung zu ziehen. Wie so oft in meinen gedanklichen Niederschriften zeige ich Beispiele auf, um zu verdeutlichen.

Es sind aber nicht nur Anschuldigungen dieser Art, die uns in unserem Leben mit Situationen konfrontieren, die uns unser Handeln erschweren. Manchmal sind es die kleinen und feinen Lästereien auf dem Flur im Büro, wenn wir uns ein etwas gewagtes oder kostspieliges Outfit zugelegt haben. Manch einer neidet uns dann unsere gute Figur oder auch das Einkommen, mit dem wir uns solch eine Extravaganz leisten können. Und dann geht sie auch schon los, die Tuschelei. Von Tür zu Tür, von Kollege zu Kollegin wird das Gerücht oftmals nicht schwächer, sondern am Ende der Kette wurde aus der Mücke ein Elefant und wenn es ganz schlecht läuft erfährt auch die Geschäftsführung von den unmoralischen Machenschaften mithilfe derer wir ganze Wandschränke voller Designerkleidung erschlichen haben bzw. werden wir zu einer traurige Geschichte eines magersüchtigen Modefreaks.

Es nimmt aber auch hier kein Ende, denn Verlust (egal welcher Art) und Neid sind nur zwei Versionen dessen, was uns gerüchtehaft übergestülpt werden kann. Möglicherweise haben wir uns auch einmal darauf eingelassen, eine illegale Substanz zwecks Berauschung zu uns zu nehmen und jemand der uns kennt hat es mitbekommen und macht uns in kürzester Zeit zu einem gefährlichen, drogenverkaufenden Unmenschen, vor dem alle Kinder geschützt werden sollten.

Eine Frisörin hat einen Job nicht bekommen, weil eine potenzielle Kollegin ihrem Chef gesteckt hat, dass die Bewerberin einen roten Ausschlag an der Hand hatte, die doch ein klares Zeichen für Allergien sei und eine allergiegetrafte Kollegin kann sich der Betrieb nun wirklich nicht leisten. Letztlich hatte die Dame vielleicht nur Hektikflecken durch die Aufregung, ein Vorstellungsgespräch führen zu müssen.
Ein vielseitig aktiver Musiker mit verschiedensten Projekten und Engagements trennt sich nach Jahren von einer Band, mit der er einen Teil seiner Arbeiten verrichtet hat. Ihm sind die vielen verschiedenen Projekte zu viel geworden und er bemerkt, dass es ihm nicht gut tut, auf zu vielen Hochzeiten zu tanzen. Wenige Wochen später heißt es in der Kleinstadt, in der er lebt, er sei sterbenskrank und habe daher seinen Beruf aufgeben müssen.

In einer Partnerschaft begeht einer einen Fehltritt und lässt sich zu einem One Night Stand hinreißen und gesteht dies hinterher dem Partner. Man geht getrennte Wege und der Groll oder die Verletzung ist groß. Nun stellt der Arzt des „Betrogenen“ plötzlich bei der nächsten Untersuchung eine Syphilisinfektion fest. Das kann doch nur durch den Fehltritt des Ex gekommen sein. Gleich wenn der „Betrogene“ selbst kein Kind von Traurigkeit gewesen sein mag, ist es doch an dieser Stelle viel leichter, den anderen in die Verantwortung zu nehmen, als zu hinterfragen, ob das eigene Verhalten vielleicht Schuld daran gewesen ist. Noch gravierender ist es wohl, wenn sie jemand plötzlich dem Vorwurf ausgesetzt sieht, einen Ex-Partner mit einer nur schwer oder gar unheilbaren Krankheit angesteckt zu haben, als da wären Hepatitis C oder HIV. Gut, wenn dann nachweislich keine Infektion beim Beschuldigten besteht, aber wer fragt den „Verrufenen“ schon danach, wenn ein solches Gerücht erstmal kursiert?

Leider steht oftmals nicht derjenige im Kreuzfeuer des sozialen Umfelds, der ein (falsches) Gerücht in Umlauf bringt, sondern derjenige, dem ein entsprechender Ruf übergestülpt worden ist. Nicht nur, dass in der Regel dieser Mensch in der Schuld steht zu beweisen, dass sein Ruf nicht korrekt ist. Im Allgemeinen bekommt er nicht einmal die Chance dazu. Nun stellt sich die Frage, wie wir damit umgehen können, wenn wir „Opfer“ eines Gerüchts werden und bemerken, dass uns etwas nachgesagt wird, dass wir nicht getan haben.

Wie bei all den kleinen und großen Herausforderungen des Lebens haben wir die Möglichkeit, eben genau das zu bleiben: ein Opfer. Wir klagen unseren Vertrauen unser Leid über diese unangenehme Situation und lassen so meist keinen Lösungsansatz zu, der die Situation klären könnte. Wir trauern unserem „guten Ruf“ hinterher, geben die Schuld dem Menschen, der uns verleumdet hat und katapultieren uns so in einen passiven Zustand, welcher jegliche Verantwortung über uns selbst an das außen abgibt bzw. an den Architekten des Gerüchts. Damit werden wir handlungsunfähig und die Situation wird sich nicht lösen.
Wir können aus der Opferrolle heraustreten und zum Angriff übergehen, was dann auch gerne in einer direkten Konfrontation resultiert. Ein Wort gibt das andere, möglicherweise endet man vor Gericht, jedoch wird selten eine befriedigende Lösung gefunden. Fronten verhärten sich, die Schuld wird hin und her geschoben. Geholfen ist uns damit nicht und wir wenden dabei sehr viel Energie auf, die ohne große Wirkung zu erzielen verpufft.

Es gibt noch eine dritte Möglichkeit, die ein wenig innere Ruhe benötigt. Wir können das Gerücht auf uns wirken lassen, wenn es uns auf ungewöhnlichen Wegen begegnet. Wir können versuchen herauszufinden, wo genau das Gerücht seinen Ursprung hat und können schauen, was wir erkennen, wenn wir in den Menschen blicken, der uns durch sein Gerücht in diese Situation gebracht hat. Ich habe schon oft geschrieben, dass alle Lebewesen miteinander verbunden sind. So sind wir es auch mit diesem Menschen und daher können wir ihn auf mehreren Ebenen wahrnehmen. Wir können schauen, was über uns selbst wir in ihm erkennen und sehen können. Es mögen Dinge sein, die wir vor Jahren abgelegt haben, aber auch Dinge, die wir vielleicht noch selbst im Unterbewusstsein mit uns herum tragen.
Manchmal hat dieser Mensch sich seine eigene Wahrheit erschaffen, an die er sogar fest glaubt und rechnet gar nicht damit, dass das, was er gesagt hat, faktisch falsch ist. Wenn wir ihm mit offener Feindseligkeit begegnen, wird das den Konflikt und die Kluft nur größer machen. Wir sollten diesem Menschen einen gewissen Raum geben, wenn wir ihn damit konfrontieren, dass wir wissen, dass er über uns eine Unwahrheit verbreitet hat. Wir werden nie die Garantie bekommen, dass daraufhin das Gerücht bei allen, die ihm gewahr geworden sind, bereinigt und klargestellt wird. Wir können lediglich versuchen, diesen Menschen durch unser ausgeglichenes Verhalten dazu zu bringen, seine Äußerungen zu unterlassen.

Je mehr wir dabei den anderen als Teil von uns erkennen, umso leichter wird uns das fallen. Dies ist jedoch mitunter eine schwere Aufgabe, da wir hierzu uns selbst innewohnende Eigenschaften wahrnehmen müssen. Diese zeichnen manchmal ein Bild von uns selbst, das wir nicht ganz so gern mögen. Wer schaut sich schon gerne seine eigenen Unzulänglichkeiten an?

Wir ertappen uns möglicherweise dabei, dass wir selbst einmal leichtfertig über eine andere Person geurteilt haben. Vielleicht haben wir dieses Urteil auch verbreitet und somit selber ein Gerücht gestreut. Vielleicht haben wir der gerüchtestreuenden Person gegenüber jahrelang eine Verpflichtungsgefühl empfunden und dieser Vorfall macht uns ganz deutlich, dass es längst an der Zeit ist, uns aus dieser Bindung zu lösen.

In allem, das uns begegnet stecken unendliche viele Möglichkeiten. Jedes Ereignis kann uns ein Spiegel sein, ein Wegweiser und ein Ratschlag für unseren weiteren Weg. Es hilft uns nur wenig, wenn wir stattdessen in eine Starre verfallen oder auf Kriegsfuß mit einem anderen Menschen gehen, denn dieser ist nicht besser oder schlechter, als wir es selbst sind. Ich rate nicht davon ab, wenn möglich die Situation zu klären und zu „beweisen“, dass Unwahrheiten verbreitet worden sind, jedoch waren Rache und Vergeltung noch nie gute Weggefährten, da aus ihnen auch wieder nur Rache, Vergeltung, Schmerz und Leid erwachsen können.

Kannst Du Dich selbst in dem Menschen, der schlecht über Dich geredet hat erkennen? Dann kannst Du ihn genauso lieben und annehmen, wie Dich selbst und das wird Dir helfen, Dich selber besser zu verstehen, zu erkennen und zu erfahren.

„Ich bin dann mal vegan“ von Bettina Hennig

Ich habe lange nichts von mir hören lassen und bin selbst wieder einmal erstaunt, wie schnell die Zeit manchmal subjektiv vergeht. Aber ich möchte einem Versprechen nachkommen, dass ich einer tollen Frau bei unserer kurzen, aber für mich sehr nachhaltig wirkenden, wundervollen Begegnung gemacht habe.
Bettina Hennig habe ich bei einer kleinen privaten Wohnzimmerlesung einer Kollegin kennenlernen dürfen, als sie ihr frisch gedrucktes Buch „Ich bin dann mal vegan“ erstmals einer Gruppe von Menschen vorgestellt hat. Es hat mich beeindruckt, dass dieses Thema mich allein in dieser Lesung so sehr zum Lachen gebracht hat, dass ich nicht anders konnte, als ein Exemplar zu erstehen und es auf meiner Leseliste direkt an oberste Stelle zu setzen. Nun bin ich manchmal nicht der schnellste Leser, aber ich mache heute das an Bettina gegebene Versprechen wahr und werde über ihr Buch schreiben und was es mit mir gemacht hat:

Bettina Hennig vermag es, ihre Zuhörer in den Bann zu ziehen. Nachdem ich sie kennenlernen durfte und weiß, wie ihrer Stimme klingt, ihre Intonation wirkt, wie sachte sie in angebrachten Momenten mit Sarkasmus und Ironie spielt, aber auch genau weiß, wann jene stilistische Mittel ob der Ernsthaftigkeit des Erlebten und Erzählten nicht angebracht sind, hatte ich sie in jedem Moment des Lesens bei mir. Es war so, als würde eine Bekannte neben mir sitzen, die mir eine Geschichte erzählt. Ich lausche ihren Worten, die sich beim Lesen der Buchstaben durch ihre Stimme in meinem Kopf zu einem Abenteuer entfalten und genau das ist dieses Buch: Ihr eigenes Abenteuer.

Als Leser erfahren wir von Dingen, die Bettina Hennig nahe gehen, von Dingen, die sie Weinen und Nachdenken bringen. Wir hören von absurden Situationen, die mich mehrfach zum Lachen brachten, aber wir erfahren auch spannende Fakten und bekommen verschiedene Quellen, um selber zu recherchieren und uns ein eigenes Bild zu machen.

Bettina Hennig vermittelt ihren Weg in eine Lebensweise ohne den Konsum tierischer Lebensmittel, in eine Welt, in der sie nach bestem Wissen und Gewissen auf jegliche tierische Güter verzichtet. Sie vermittelt diesen Weg aber weder in einer erzieherischen Weise, um dem Leser das Gewissen wach zu rütteln. Nein, vielmehr schafft sie Raum für einen Erfahrungsbericht, der Dinge spiegelt, die uns allen aus dem Alltag bekannt sind oder uns Dinge aufzeigt die wir nicht wahrhaben wollen. Wir lernen aber auch die absurde Welt der moralischen Zeigefinger kennen, die beispielsweise in Internetforen erhoben werden, wenn man einmal leichtsinnigerweise ein Lebensmittel als „SAU-lecker“ bezeichnet.  Wir erfahren, welche Intrigen die agrarindustrielle Lobby spinnt und wie volksverdummend die Bildzeitung ist, obwohl lediglich die Frage nach einer Quelle für veganen Nuss-Nougat-Brotaufstrich gestellt wurde und erleben, dass am Ende zwar hochmoralisch diskutiert, diffamiert, beschimft und besser gewusst wird, aber niemand einer Einsteigerin am Ende die Frage nach dem Brotaufstrich beantwortet.

Bettina beschreibt aber auch die Schwierigkeiten, denen sie in ihrem privaten Umfeld entgegentreten musste, weil sie sich immer wieder dem Rechtfertigungsdruck von außen ausgesetzt sieht und man ihr Moralisierung unterstellt, wo sie nicht einmal einen Anflug davon vornimmt. Sie beschreibt ihre Verwunderung darüber, wie ihre Lebensweise auf andere wirkt und ihr plötzlich grundlos eine Art Missionierungsdrang zugeschrieben wird. Sie lässt uns an den Veränderungen teilhaben, die sie durch ihr Bewusstwerden erlebt. Veränderungen, wie sie jede/r erfährt, wenn er oder sie vor bestimmten Dingen die Augen nicht mehr verschließt.

Ich erkenne vieles wieder in dem, was Bettina schreibt, auch wenn mein Weg und meine Veränderung anders verläuft. Die Dinge, vor denen ich die Augen nicht mehr verschließe, sind anders gelagert, aber ich erkenne das Bedürfnis, das entsteht, anderen helfen zu wollen, weil man merkt, dass es einem besser geht und habe jeden Moment des Spiegels meines Selbst in dieser Geschichte genießen können.

Die Fakten, die Bettina teilt, lassen mich nachdenken, lassen mich erkennen, dass das Lernen und Erkennen niemals aufhört. Aber sie lassen Platz dafür, die eigenen Entscheidungen zu treffen, die eigene Geschwindigkeit der Veränderung zu wählen und den Weg selbst zu bestimmen.

Bettina schreibt aus dem inneren Selbst, sie verheimlicht nicht und das macht ihre Reise authentisch und zu einem Lesegenuss. Dieses Buch ist nicht nur etwas für ernährungsinteressierte oder vegan-affine Menschen. Dieses Buch darf themenunabhängig als Lektüre genossen werden, die eine Reise im Leben einer beeindruckenden Frau schildert.

Ein Samstag wie (nicht) jeder andere

Wenn ein Feiertag auf einen Samstag und damit in das Wochenende fällt, gibt es unter den Menschen verschiedene Möglichkeiten, ein solches Ereignis wahrzunehmen. Manch einer sieht darin ein Beschneidung seiner Möglichkeiten, weil er seine regulären Einkäufe nicht erledigen kann und dies die Woche so schwierig werden lässt, weil doch da auf Grund der Arbeit eh schon kaum Zeit bleibt. Andere freuen sich aber beispielsweise für die Angestellten im Einzelhandel, die so definitiv auch einmal ein Wochenende aus zwei freien Tagen genießen können.
Was mir immer als erstes in meiner Wahrnehmung auffällt ist, dass sich so ein Samstag dann einfach nicht wie ein Samstag anfühlt, sondern der Tag eine ganz andere, eben eine Sonntagsanmutung erfährt. Obwohl ich heute Morgen aufgestanden bin, wie an jedem anderen Samstag auch, nämlich so, dass ich meinen Yoga Kurs um 10.30 Uhr erreiche, war direkt diese andere Aura zu spüren.

Es waren zwar auch unglaubliche viele Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs, so dass eigentlich vom Verkehrsaufkommen kaum ein anderer Eindruck entstand. Vielleicht war schon asureichend, dass keine LKWs unterwegs waren, die dies. Es hat sich aber auch in den Menschen gezeigt, die ich auf dem Weg getroffen habe. Sie waren allesamt etwas ruhiger und gelassener. Der typische Samstags-Stress stand nicht in ihren Gesichtern, denn sie mussten ja nicht wie üblich von einem ins andere Geschäft hetzen, um oben erwähnte Besorgungen zu machen. Wer diese vergessen hatte, der konnte nun eh nichts mehr daran ändern und wer vorbereitet war, hatte seine etwaige Besorgungshektik bereits spätestens am Vortag ausgelebt.

So kam ich nun nach dem Yoga zurück und konnte diese spürbare Entspannung und für einen Samstag untypische Entschleunigung vollkommen genießen. Das sonnig-warme Herbstwetter tat sein Übrigens dazu, um mich zu beflügeln. Kurzerhand habe ich einen kleinen Stopp eingelegt und mich ein wenig in die Sonne gesetzt. Ja, wäre mir mein Fahrrad vergangene Woche nicht gestohlen worden, hätte ich wahrscheinlich eine kleine Raderkundung am Nachmittag vorgenommen. Aber ohne ein entsprechenden Ersatz ist das eher schwierig umzusetzen. An dieser Stelle danke ich meinen lieben Nachbarn dafür, dass sie mir eines ihrer Räder geliehen haben, welches aber eben nicht unbedingt für eine Berg- & Tal-Tour jenseits befestigter Wege gemacht ist, aber ich kann mich damit sehr gut innerstädtisch bewegen, bis mein Ersatz geliefert werden kann.

Aber zurück zum Thema… Zu Hause angekommen entschloss ich mich alternativ dazu, einfach einen kleinen Spaziergang zu machen, meine derzeitige Lektüre mitzunehmen und mich auf einer Parkbank in der Sonne niederzulassen. Nach dem Mittagessen habe ich eben dies getan und fand auf dem Grüngürtel eine passende, freie Bank. Ich habe mich dort am linken Rand niedergelassen und schmökerte weiter in dem wunderbaren Buch von Bettina Hennig (ja, darüber berichte ich auch noch) und genoss den Moment des Daseins in vollen Zügen. Einfach sein und genießen. Ich dachte noch einen Moment darüber nach, dass diese Momente einfach bei vielen von uns nach wie vor zu kurz kommen und wir uns oftmals über diese Tatsache hinwegtäuschen, indem wir vermeintliche Genussmomente generieren, die aber an sich dann oftmals doch auch wieder Elemente von Flucht oder Ablenkung beinhalten.

Nach einer Weile, ich war völlig vertieft ins Lesen, bemerkte ich aus dem Augenwinkel, dass eine Fahrradfahrerin auf die Bank zusteuerte. Sie stellte Ihr Rad ab und kramte ein wenig in ihrern mitgebrachten Sachen herum. Ich war so ins Lesen vertieft, dass ich wohl nach außen sehr ignorant gewirkt haben könnte, weil ich nicht einmal aufgeschaut habe. Aber das kann eben mal passieren, wenn wir uns von etwas sehr fesseln lassen. Dann sind wir im ‚flow‘ und das ist unbewertet zu sehen.

Als die Frau sich sortiert hatte, sprach sie mich ganz höflich an, womit ich absolut nicht gerechnet hatte, und fragte mich freundlich, ob sie sich dazusetzen dürfe und ich beantwortete diese Frage mit einem Lächeln auf den Lippen und einem wortgeformten „Natürlich“, worauf hin sie Platz nahm und sich ebenfalls eine kleine Lektüre in Form einer Zeitschrift vornahm.

Da saßen wir nun beide auf dieser Bank, ich auf der linken Seite, sie auf der rechten Seite und zwischen uns unser beider Taschen. Wir hatten uns nie zuvor gesehen und bis auf die wenigen Worte auch keine Unterhaltung geführt oder uns gegenseitig mit Namen vorgestellt. Ich, männlich, kurze und glatte Haare, dunkelblond, eher schlank und schmal in meiner dunklen Jeans mit Sweatshirtjacke und diese Frau, lockige und fast schulterlange Haare, rötlich-braun, recht groß und in der Statur kräftiger als ich. Sie trug eine Jacke, deren Farbe mich in Erinnerungen an meine Kindheit zurückversetzte, da sie der Nouance einer Schaumtönung glich, welche meine Mutter verwendete, als ich noch sehr jung war.

Wir waren in vielerlei Hinsicht sehr unterschiedlich und doch waren wir irgendwie auch gleich. Beide saßen wir dort und genossen die Energie der herbstlichen Sonnenstrahlen. Beide hatten wir etwas gegen den Durst dabei und gönnten uns von Zeit zu Zeit einen Schluck, um bei diesen Lesepausen die visuellen Eindrücke der Umgebung wirken zu lassen. Und dann lasen wir wieder ganz in Ruhe und in völliger Harmonie über die Gegenwart des anderen unsere Lektüren und obwohl wir uns bisher nie begegnet waren und möglicherweise nie wieder begegnen werden, fühlte ich eine Verbundenheit die mit einer ganz natürlichen Geborgenheit einherging.

Dies war einer dieser Momente, in denen es für mich körperlich, geistig und seelisch spürbar gewesen ist, dass alles in stetem Austausch und in ständiger Verbindung zueinander steht und das diese Verbundenheit nicht durch ein langzeitiges und gegenseitiges „Kennen“ entsteht, sondern dass es immer da sein kann, wenn die Beteiligten es zulassen und annehmen können. Zeit spielte in dieser Situation keine Rolle, so wie sie nie eine Rolle spielt, wenn wir uns in Phasen des ‚flows‘ befinden. Als ich mich dann entschloss, den Heimweg anzutreten, habe ich mich verabschiedet und meiner Banknachbarin ein schönes Wochenende gewünscht, was sie erwiderte. Innerlich voller Freude und Zufriedenheit spazierte ich nach Hause, wo ich nun den Rest dieser wunderbaren Tages weiter verbringen werde.

Dieser Tag, der ein Samstag ist und sich dennoch so anders als ein Samstag anfühlt.

Dieser Tag, der wie jeder andere Tag ist und sich nur deshalb anders anfühlt, weil wir ihm eine andere Bedeutung geben, als anderen Tagen.

Dieser Tag, welcher der wundervollste Tag ist, den ich habe, so wie jeder Tag der wundervollste Tag ist, in dem Moment, in dem wir ihn gerade haben…

Sonnige Herbstgrüße und alles Liebe für Euch!